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Thema: USA Scott Kataloge Standard-Ausgabe und Specialized
Heinz 7 Am: 27.04.2024 18:19:05 Gelesen: 250# 1 @  
Liebe Leser,

Bei meinen philatelistischen Streifzügen bin ich schon mehr als einmal auf Briefmarken gestossen, die ich in den normalen Katalogen nicht gefunden habe. So auch kürzlich, als ich bei den Recherchen zu der Geschichte des Postdienstes "Pony Express 1860-1861" auf die pittoresken "Pony Express"-Briefmarken der Firma Wells, Fargo & Co. stiess. Ich erfuhr, dass 1861 5 verschiedene Werte zu dieser Briefmarke herausgegeben wurden. Dabei stiess ich auf die Katalog-Nummer 143 L1 bis 143 L5, was ich zunächst nicht einordnen konnte.



Meine Vermutung, dass es sich um Scott-Notierungen handelt, ist richtig, aber in den Standard-Katalogen von Scott sind diese Marken nicht aufgeführt. Die Frage hat mir keine Ruhe gelassen, und also habe ich mir einen Scott Specialized Catalogue gesucht und diesen gründlich analysiert. Wie erwartet, habe ich die oben gezeigten "Pony Express"-Marken gefunden.



Der Spezialkatalog ist zwar schon fast 40 Jahre alt (Jahrgang 1986), benötigt aber 877 Seiten (Mittelformat, 23.5 x 15 cm/2 Spalten), nur Katalogteil, ohne Einführung usw.

Ich habe einen Scott Catalogue 1840-1940 ganze Welt des Jahres 2000. Da werden die USA inkl. Canal Zone, Guam und Hawaii auf den ersten 54 Seiten (Grossformat 27.5 x 21 cm/4 Spalten) abgehandelt. Es ist klar, dass dabei Spezialitäten wie Markenheftchen oder Probedrucke (Proofs) fehlen, die im Spezialkatalog erwartungsgemäss notiert sind.

Aber ganz so klar ist die Abgrenzung dann doch nicht. So sind viele Steuer- oder Stempelmarken ("Revenues") im Standard-Katalog zwar aufgenommen, viele aber auch nicht. Unerwartet für viele europäische Sammler ist, dass auch Ganzsachen im Scott gelistet sind, sowohl im "Specialised", aber auch im "Standard" Catalogue. Hunting Permit Stamps hätte ich im Standard-Katalog nun auch nicht erwartet, sie sind aber notiert (Seite 40).

Eine grosse Gruppe, die im Standard-Katalog NICHT aufgelistet ist, sind die "Local Stamps". Unsere oben gezeigten "Pony-Express"-Briefmarken gehören aber genau zu dieser Gruppe. Darum also konnte ich diese Marken im ersten Anlauf nicht finden.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.04.2024 18:29:34 Gelesen: 247# 2 @  
@ Heinz 7 [#1]

Ein Blick in den Spezialkatalog zeigt, dass es viele Local Stamps gibt; sie werden im Scott 1986 Special auf immerhin 37 mittelformatigen Seiten abgehandelt; nimmt man die "Local Handstamped Covers" noch dazu, benötigen wir nochmals 6 Seiten (pages 616-658).

Diese Erkenntnisse haben mich angeregt, die Unterschiede der Katalogisierung tabellarisch zu zeigen. Ich habe mich dabei auf die Marken 1842-1940 beschränkt, so nehmen aber (natürlich) die Briefmarken 1941-1985 im Special-Catalogue einen grossen Umfang ein (z.B. Postage Nr. 903-2166 = Seiten 125-286). In der Regel fehlen in meiner Tabelle alle Briefmarken nach 1940.

Ich hoffe, die Tabelle hilft anderen Sammlern.



Man erkennt beim Studium der Kataloge, wie riesig gross das Gebiet "Philatelie USA" ist; zu den "normalen" Briefmarken kommen für Liebhaber noch Dutzende weitere Gruppen hinzu.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.04.2024 19:21:47 Gelesen: 227# 3 @  
@ Heinz 7 [#2]

Die Entscheidung, ob "Local Stamps" im Standard Catalogue auch aufgeführt werden sollten, oder nicht, ist nicht einfach zu beantworten. Die Gruppe beinhaltet doch viele Briefmarken. Dies erkennen wir aus folgenden Tatsachen:

- im Specialised Catalogue von Scott 1986 benötigt dieses Kapitel 36 Seiten (617-652)

- die Katalogisierung 1L1 - 165L1 zeigt, dass es (vermutlich*) 165 verschiedene Organisationen gab, die Briefmarken oder Umschläge herausgaben! Oft war es nur eine einzige Briefmarke, oft waren es aber auch mehrere. Bei D.O. Blood & Co., Philadelphia, finden wir nicht weniger als 18 Briefmarken und 10 Briefumschläge (Nrn. 15L1-15L18, 15LU1-15LU10).

Die Organisation 143 ist die Wells, Fargo & Co. Die ersten 5 Briefmarken 143L1-143L5 sind ungebraucht nicht besonders teuer (US$ 60 bis US$ 225). Aber die Briefmarken 143L2 und 143L5 sind auf Brief absolute "Preiskracher", die beide schon mehrfach sechsstellige Erlöse erzielt haben.

Ich finde es schade, dass solche Briefmarken im Standard-Katalog fehlen.

Aber ich anerkenne natürlich die Schwierigkeit(en), welche sich bei der Entscheid-Findung stellen.

Zum Abschluss meiner Übersicht noch zwei weitere Beispiele, die nur im "Specialised" zu finden sind:



Air Post Semi-Official Stamp - Buffalo Balloon

Da dies die einzige Marke ist aus dieser Gruppe, und eine grosse Rarität. Daher wäre die Aufnahme in den "Standard"-Katalog ein Gewinn.



Bei den Revenues fehlen viele Marken des "Specialised" im "Standard" Katalog. Das ist verständlich. Man kann nicht alle Marken übernehmen. Es gab z.B. 1935 eine "Potato Tax Stamp". Da diese in 13 Wertstufen erschien, sind 13 Nummern nötig (RI1-RI13). Die teuerste Marke hatte (1986) nur einen Katalogwert von US$ 8.00. Diese Marke wird kaum jemand im Standard-Katalog vermissen.

Heinz
 
drkohler Am: 27.04.2024 19:31:40 Gelesen: 223# 4 @  
Die Druckerei, die Amos nützt, hat eine maximale Seitenanzahl, die noch verarbeitet werden kann. Das führte in der Vergangenheit dazu, dass wenn Neues dazukam (zB die ganzen Testmarken), Altes verschwand oder zusammen gestrichen wurde. Der Scott Specialised war seit einigen Jahren "am Anschlag", also musste immer wieder an Orten "kreativ eingespart werden".

Ein Opfer davon ist z.B. mein Spezialgebiet, Markenheftchen. Das Gebiet wurde über Jahre hinweg immer dünner und dünner, dabei gingen auch zusehends wichtige Informationen verloren.

Seit diesem Jahr ist der Specialised aufgeteilt in mehrere Teile,

- der "normale Teil" (jetzt ohne Specimen/UNO glaube ich und einige andere Kleinteile

- der zweite Teil enthält Alles, was jetzt fehlt

- der dritte Teil ist ein Spezialkatalog für die Chinafälschungen (der bei weitem am schnellsten wachsende US-Spezial-Katalog)

- dann gibt es noch Grading-Kataloge (die Sch** interessiert mich aber nicht).

Bei den Normalkatalogen schlägt die Seitenbeschränkung noch viel schlimmer zu, deshalb wird da jeweils nur ein "Grundwissen" dargestellt.
 
Heinz 7 Am: 28.04.2024 10:41:27 Gelesen: 167# 5 @  
@ drkohler [#4]

Danke für die Hinweise.

In einem Spezial-Katalog zu kürzen, finde ich eine ganz schlechte Idee. Wenn die wichtige Info sogar im Spezial-Katalog fehlt, beraubt man diesem seinem eigentlichen Hauptzweck: umfassend zu informieren.

Wenn die Kataloge immer mehr anschwellen, gibt es meines Erachtens nur eine Lösung: die zeitliche Aufteilung (oder die räumliche). Konkret für den US Special; da könnte man vielleicht die "United Nations" auslagern. Oder eben: In Katalog 1 kommen nur die Ausgaben hinein 1840-1940, in Band 2 dann die späteren Ausgaben.

Das Grading-Theater in den USA ist vielleicht ärgerlich und übertrieben, aber fairerweise muss man anerkennen, dass die Sammler extrem auf die hohen Punktzahlen achten. Völlig normale Marken erreichen zum Teil Irrsinns-Preise, weil sie ganz hoch eingeschätzt werden in der Qualität. Wenn der Scott-Spezialkatalog dazu keine Aussagen machen würde, wäre dies eine Unterlassung.

Für mich ist unbefriedigend, dass man wichtige Marken im Normal-Katalog einfach nicht findet! Mindestens ein Hinweis auf die Existenz solcher Marken müsste doch erfolgen! Also für USA: "Local-Marken findet man im Specialized" und dann die Liste:

- 1. Adams & Co.'s Express, California
- 2. Adadms' City Express Post, New York
(...)
- 143. Wells, Fargo & Co. (incl. Pony Express)

Dann weiss der Interessierte wenigstens, wo er suchen muss.

Man stelle sich vor, man besitzt eine 143L2 auf Brief und sucht diese im Scott "normal" = man findet NICHTS! Das geht doch nicht!

Das ist dasselbe, wie wenn man einen Baden-Fehldruck Michel Nr.4F besässe. Im Michel sucht man auch vergeblich! Auch da braucht es einen Vermerk: "die Marke existiert auch in der Farbe grün = 4F".

Dass man solche Querverweise in die Spezialkataloge ohne Bewertung anbringt, wäre völlig okay, eine Hinweis auf Top-Rarität würde ich aber vornehmen (z.B. Zeichen "RRR" oder "TR").

Heinz
 
DL8AAM Am: 28.04.2024 14:48:50 Gelesen: 146# 6 @  
@ Heinz 7 [#5]

Das Grading-Theater in den USA ist vielleicht ärgerlich und übertrieben, aber fairerweise muss man anerkennen, dass die Sammler extrem auf die hohen Punktzahlen achten. Völlig normale Marken erreichen zum Teil Irrsinns-Preise, weil sie ganz hoch eingeschätzt werden in der Qualität. Wenn der Scott-Spezialkatalog dazu keine Aussagen machen würde, wäre dies eine Unterlassung.

Nur ganz kurz zur Illustration zu diesen, wertfrei gemeint, "Auswüchsen" ;-)

Ganz frisch aus der AP (The American Philatelist), na ja, halb frisch, Ausgabe Mai 2023, aus dem wirklich sehr interessanten Artikel "Are we Afflicted with Certitis? - The Ongoing Problem of ‘Certitis’" (Seite 442) von Wayne Youngblood.



Certitis, ein dickes Attest für eine Massenware-Marke zu 25 Scott-Cents, aber eben ein XF-Sub 95 ... Grading Matters ;-)

So wie die AP (des amerikanischen Phila-Daschverbandes APS) es macht, so würde ich mir uns hier mal ein deutsches Philateliemagazin wünschen, ein paar komplette Ausgaben als Leseproben unter [1].

Nein, ich bekomme keine Provision. ;-)

Beste Grüße
Thomas

[1] https://stamps.org/the-american-philatelist
 
drkohler Am: 28.04.2024 16:11:56 Gelesen: 138# 7 @  
Bei dem Wellenstempel in der obigen Marke ziehen sich mir alle Zehennägel zusammen.

PSE wurde letztes Jahr beim massiven Betrügen erwischt. Unter den zahlreichen Marken, die sie "prüfen" (ich schreibe das absichtlich in "" weil PSE dutzendfach erwischt wurde, wie sie in ihren Zertifikaten nicht hinwiesen, dass Marken reperforiert, neugummiert oder fehlende Zähne und andere Schäden hatten) befanden sich etliche spezielle Marken:

Dutzende von gestempelten Marken wurden nur wenige Wochen nachdem sie vorher als "Neuware" zertifiziert wurden, erneut zertifiziert (zum Teil sogar mit anderen Zentrierwerten). Alle diese "gebrauchten" Marken hatten den exakt gleichen Wellenstempel (mit ziemlicher Sicherheit ein Gummistempel). Die obige Marke zeigt exakt diesen "Wellenstempel"!

Leider ist das ganze Grading in den USA ein Riesengeschäft, von etlichen Händlern gepuscht.

Ich habe gerade vor Kurzem an einer Siegel-Auktion mitgeboten (auf MH, nicht auf Gradingzeug). Da war eine 50 c Marke, die mit Gem 100 ausgezeichnet war. Katalogwert $ 21, SMQ-Wert für diesen Grad: $ 850. Die Marke wurde für $ 11'000 zugeschlagen. Eine andere Marke brachte es auf $ 8'000 bei einem Katalogwert von $ 2 (SMQ $110).

Es gibt auch immer noch genügend Vollpfosten, die für Neuware, die man noch auf der Post bekommen kann, das hundertfache hinblättern weil sie ein Grade 100 Zertifikat von dieser Pseudofirma bekam. Der Chef der Firma hat mal behauptet, dass er den Gummistempel vom Fälscher kassieren konnte. Wie das geschah und wo der Stempel jetzt ist, wer der Fälscher ist - keine Antworten. Es hilft auch nicht, das einige der Fälschungen von einem Besitzer zur Prüfung eingeschickt wurden, der in Las Vegas lebt. Ein Schelm, der Schlechtes denkt.
 
drkohler Am: 28.04.2024 16:38:09 Gelesen: 135# 8 @  
Dass man solche Querverweise in die Spezialkataloge ohne Bewertung anbringt, wäre völlig okay, eine Hinweis auf Top-Rarität würde ich aber vornehmen (z.B. Zeichen "RRR" oder "TR").

Das geschieht im Scott Specialised auch, auf drei Arten:

Wenn gar kein Preis steht, dann heisst das die Marke ist so selten, dass sie nicht bewertet werden kann.

Wenn nur ein - beim Preis steht, heisst das, das die Marke zuwenig oft gehandelt wird, um einen Preis festzulegen. Es muss sich nicht unbedingt um eine Rarität handeln.

Wenn der Preis kursiv dasteht, heisst das, der Preis ist von einer kürzlichen Auktion (kürzlich kann dabei einige Jahre her sein). Der Preis kann drastisch ändern in der Zukunft.
 
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