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Thema: Luxusgut Briefmarke - der Postkunde zahlt die Zeche
Das Thema hat 31 Beiträge:
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drmoeller_neuss Am: 28.05.2021 17:10:44 Gelesen: 5324# 1 @  
Die FDP-Abgeordneten Reinhard Houben, Michael Theurer und Dr. Marcel Klingehaben haben am 18. März 2021 eine Kleine Anfrage [1] an die Bundesregierung zur Zukunft der Briefmarke gestellt. Neben einigen nichtssagenden Allgemeinplätzen hat der Bund die Kosten für die Aufsicht über die amtlichen Briefmarken recht genau beziffert.

"Dem Bund entstehen für das Referat L C 5 (Postwertzeichen) Personalkosten für drei Arbeitskräfte im höheren Dienst; drei Arbeitskräfte im gehobenen Dienst und zwei Arbeitskräfte im mittleren Dienst. Darüber hinaus wurden im Schnitt der letzten drei Jahre pro Jahr Mittel in Höhe von rund 960.000 Euro für Sachkosten veranschlagt (insbesondere Kosten für die künstlerischen Gestaltungen, den Programmbeirat und den Kunstbeirat). Das von der Deutschen Post AG zu zahlende Lizenzentgelt übertrifft die Gesamtkosten erheblich."

Für die Gesamtkosten muß man die Personalkosten noch abschätzen. Dazu veröffentlicht der Finanzminister eine Berechnungsgrundlage [2]. Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin im höheren Dienst schlägt mit 80.000 Euro Brutto-Bezüge pro Jahr zu Buche, dazu kommen noch ein Drittel Kosten für die Versorgung und ein Drittel Gemeinkosten. Etwa 25.000 Euro kostet es den Steuerzahler im Durchschnitt, damit es unser Beamter warm hat und sein Umfeld gut ausgerüstet ist. Ganz grob sind es 160.000 Euro pro Kopf auf Vollkostenbasis. Der mittlere Dienst arbeitet günstiger. Unsere 8-köpfige Briefmarkentruppe kostet damit deutlich mehr die 960.000 Euro Sachkosten aus der Anfrage.

Alles zusammen kostet der Luxus, Briefmarken mit der Aufschrift "Deutschland" vom Finanzministerium herausgeben zu lassen, jedes Jahr geschätzte zwei Millionen Euro. Bei 50 Briefmarken pro Jahr ist das pro Marke 40.000 Euro. Davon landet nur ein Bruchteil bei den Grafikern, der Rest geht für die Verwaltung darauf. Dafür braucht es das edle Referat "Postwertzeichen", in dem jeder Mitarbeiter noch nicht einmal eine Briefmarke pro Monat betreut.

Angesichts der Kosten ist das Resultat doch recht bescheiden. Die meisten Briefmarken beschränken sich auf die Auswahl eines geeigneten Photos aus einer Datenbank und etwas Typografie. Die guten alten Zeiten, wo Grafiker wie Hella und Heinz Schillinger oder Joachim Rieß noch selbst gezeichnet haben, sind lange vorbei.

Dass sich der Staat das Geld von der Deutschen Post wieder vollständig holt, wie aus der Antwort auf die Kleine Anfrage hervorgeht, ist nur ein schwacher Trost, da am Ende der Postkunde die Zeche zahlt.

Hier besteht Reformbedarf, wie die FDP vollkommen richtig anmerkt, ist die Deutsche Post nur ein Anbieter auf dem liberalisierten Postmarkt und die privaten Postanstalten schaffen es auch, ohne Kunstbeirat und Finanzministerium grafisch gelungene Briefmarken herauszugeben.

[1] FDP– Drucksache 19/27131 –Zukunft der Postwertzeichen
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/276/1927675.pdf

[2] 1. Personal- und Sachkosten in der Bundesverwaltung für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Kostenberechnungen 2. Kalkulationszinssätze für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen des BMF
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche_Finanzen/Bundeshaushalt/personalkostensaetze-2019-anl.pdf?__blob=publicationFile&v=4
 
22028 Am: 28.05.2021 18:26:01 Gelesen: 5266# 2 @  
@ drmoeller_neuss [#1]

Wenn ich schon FDP lese dann reicht das eigentlich.
 
TeeKay Am: 28.05.2021 18:41:27 Gelesen: 5253# 3 @  
Irgendwas sagt mir, dass es nicht billiger wird, wenn man der Post sagt, sie könne herausgeben, was immer sie wolle.
 
drmoeller_neuss Am: 28.05.2021 19:37:01 Gelesen: 5214# 4 @  
@ TeeKay [#3]

Und ich sage: es gibt auch ein Leben ohne Bund-Neuheitenabo.

Ich war jahrelang ein treuer Abonnement bei der französischen Versandstelle. Die Marken ist grafisch hervorragend gestaltet, häufig im Stichtiefdruck. Gekündigt habe ich das ganze, als die Zahl der Neuheiten inflationär anstieg.

Das regelt der Markt.
 
Koban Am: 28.05.2021 20:29:05 Gelesen: 5178# 5 @  
Bei nicht mal zwei Cents/Jahr/Postkunde, kann von "die Zeche zahlenden Postkunden" nicht ernsthaft die Rede sein.
 
Vernian Am: 28.05.2021 21:13:32 Gelesen: 5151# 6 @  
@ drmoeller_neuss [#4]

"Ich war jahrelang ein treuer Abonnement bei der französischen Versandstelle. ... Gekündigt habe ich das ganze, als die Zahl der Neuheiten inflationär anstieg.

Das regelt der Markt."

Das ist die Frage. Ich war bzw. bin ebenfalls Abonnent bei der französischen Post - war für Neuheiten Frankreich Mutterland, bin es noch für Neuheiten TAAF und St. Pierre & Miquelon - und habe aber Neuheiten Frankreich mit Ende des Jahres 2005 eingestellt - eben etwas nach dem Zeitpunkt, wo nicht nur die Zahl an (billig produzierten) Neuheiten rapide Anstieg, sondern vor allem auch die Zahl irgendwelcher speziellen Ausgabeformen, die aber im Abonnement oft gar nicht ausgeliefert werden, wie selbstklebende Marken mit individuell gestaltbarem Werbeanhang, irgendwelche speziellen Blockausgaben, eigentlich als Marke Individuell gedachte Ausgaben durch die Post gestaltet und als thematische Heftchen vertrieben, Ganzsachenprodukte usw.

Da zu jener Zeit sehr viele Sammler, insbesondere auch in Frankreich selbst, aus eben jenen Gründen, abgesprungen und ausgestiegen sind, dachte auch ich, das es nur eine Frage der Zeit sein kann bis die französische Post merkt, dass ihnen da die Umsätze wegbrechen, und man kehrt zu einer gemässigteren Ausgabepolitik zurück. Dem scheint aber nicht so zu sein. Ich bekomme (da ja immer noch Abonnent für Teilgebiete) regelmässig die Informationen zu Neuausgaben und was die Postphilatelie sonst so vermarktet - und das scheint eher noch angewachsen zu sein, sowohl in Umfang wie in Kosten. Es scheint man hat die "Verluste" an Kündigungen gut durch Masse statt Klasse und gerne auch höhere Wertstufen gut kompensiert mit Hilfe der Wenigen, die die ganze Papierflut weiterhin kaufen.

Übrigens ist das bei der Deutschen Post ja ähnlich. Blockausgaben nur noch für Sammler und nur über die Versandstelle bzw. Online erwerbbar, Ganzsachen aller Art, Wertstufen (wie demnächst mal wieder) wie etwa 3,70 € für Maxibrief international als Sondermarke, obwohl man damit nach den geltenden Bestimmungen nur noch "Dokumente" versenden darf und somit der private Kunde kaum mal Verwendung dafür haben dürfte..

Mir ist zwar klar, das Produkte, die in der Herstellung bestenfalls im einstelligen Centbereich liegen, deren aufgedruckter und anwendbarer Wert kaum je zur Leistungserbringung dient und damit keine weitere Leistung erbracht werden muss, wenn ein Sammler sie kauft - das ein solches Produkt, für 80 Cent oder 3,70 € verkauft fast ein Nettogewinn darstellt und daher ab einer auch nur geringen verkauften Menge alle Kosten dafür einbringt und darüber hinaus reinen Gewinn - aber das sich für diese Produkte immer noch eine lohnende Anzahl Abnehmer / Abnahmemengen finden lassen, dass wundert mich dann so doch. Es muss aber so sein, sonst würde die Post bestimmte Dinge einfach nicht mehr anbieten.

Best

Vernian
 

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