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Thema: Was sind Deutschlandbriefmarken und wer gibt sie heraus ?
DL8AAM Am: 02.04.2023 23:45:18 Gelesen: 650# 1 @  
@ Araneus

(Ganzsachen mit Absenderstempelung dürfte es meines Erachtens gar nicht geben, da die AGB das nicht zulassen (siehe Zitat im Beitrag : „vom Bundesministerium für Finanzen herausgegebene Postwertzeichen mit dem Aufdruck „Deutschland““; Ganzsachen gehören meines Wissens nicht dazu).

Hallo Franz-Josef,

wobei wir bei dieser Fragestellung bei der "Briefmarkentheorie" sind ;-) Und Deine Frage, was "Deutschland"-Briefmarken sind, ist klar zu beantworten. Ganzsachen gehören in jedem Fall dazu.

Hier befinden wir uns im Bereich des §43 des PostG [1], dort steht im Absatz 1

(1) Die Befugnis, Postwertzeichen mit dem Aufdruck "Deutschland" auszugeben und für ungültig zu erklären, ist dem Bundesministerium der Finanzen vorbehalten. ....

Das Wort "auszugeben" mag auf den ersten Blick vielleicht irreführend sein, aber das heisst hier eben nicht "drucken" und anschliessend "ausgeben". Das bedeutet nur, dass das Bundesministerium der Finanzen das jeweilige "Muster" herausgibt. Für den Rest, d.h. für die anschliessenden Druckaufträge, inkl. der Bestimmung der Auflagenhöhe und auch der gewollten "Form" (naßklebend, gezähnt - Zähnungsart x, geschnitten, selbstklebend etc. oder Ganzsachenwertstempel auf einen "Umschlag") ist dann ausschliesslich der Erlaubnisinhaber in Eigenregie verantwortlich. In welcher Form dieser die erlaubten Postwertzeichen drucken lässt, ist allein Sache des Erlaubnisinhabers (heute "noch" der DPAG). Siehe:

§43 Abs. 2 PostG: Die Vervielfältigung und Verwendung der vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Postwertzeichen zur Abgeltung von Postdienstleistungen bedarf dessen Erlaubnis.

Das Interessante an dieser Rechtskonstruktion ist, dass das Vervielfältigungs- und Verwendungsrecht erst einmal nicht direkt mit der Erbringung der Universalpostdienste verknüpft ist. Theoretisch könnte bei der nächsten Ausschreibung die CITIPOST-Gruppe das Recht erwerben "Deutschlandbriefmarken" auf den Markt zu bringen, wobei die DPAG weiterhin die Universalpostaufgaben (inkl. UPU-Aufgaben) übernimmt. Theoretisch. Wobei diese Frage sogar aktuell im Raum stehen könnte [2].

Zitat (Stellungnahme des Ministeriums an PaketDa): " ... Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht absehbar, ob die derzeit geübte Verwaltungspraxis in der Form fortbesteht, dass die vom Bundesministerium der Finanzen gemäß § 43 Absatz 1 Postgesetz herausgegebenen Postwertzeichen mit dem Aufdruck Deutschland nach Ablauf des Lizenzvertrages im Jahr 2023 weiter von der Deutschen Post AG produziert und verwendet werden.". (Deshalb nimmt das Ministerium derzeit auch keine "Anregungen" mehr für Sonderbriefmarkenausgaben an)

(Zumindest) Theoretisch ist auch möglich, das sich die Post nicht mehr um die "Deutschland-Briefmarken" bewirbt, aber trotzdem für den Universalpostdienst. Theoretisch. Sinnvollerweise verknüft das Ministerium im Rahmen der Ausschreibung aber beide Dinge. Solange es Bieter für so eine verbundene Aussschreibung gibt. Denkbar ist diese Aufteilung aber trotzdem. Insbesondere da das Recht Deutschland-Briefmarken zu vervielfältigen und verwenden (=verkaufen), gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 ff PostG mit einer Gebühr verbunden ist ...

Für die Entscheidung über die Erlaubnis erhebt das Bundesministerium der Finanzen von den Anbietern von Postdienstleistungen Gebühren und Auslagen. ... Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Höhe der Gebühr zu regeln.

... und falls es sich für die DPAG nicht mehr lohnen sollte, diese Gebühren an das Ministerium zu bezahlen, nur um "fremde" Gutschein-Verdrucke verwenden zu dürfen, weil zum Beispiel immer weniger Sammler vorausbezahlte Briefmarken bei der Post beziehen, für die sie aber niemals eine Gegenleistung in Anspruchen nehmen, dann verzichtet die DPAG sicherlich irgendwann einmal auf das "Deutschlandbriefmarken"-Recht. Dann kann dann zwar das Ministerium weiterhin Deutschlandbriefmarken ausgeben, die aber niemals gedruckt und verwendet werden. Außer vielleicht die "CITIPOST-Gruppe" übernimmt dieses Recht ;-) Die Gebühren rechnen sich für die DPAG ja nur, wenn genug Briefmarken für ewig in einer Sammlung verschwinden. Ansonsten kann die die Post bzw. die Kunden für die Freimachung von Postsendungen (neben Post- und Absenderfreistempelungen) ja gut auch auf eigene vorausbezahlte "Deutsche Post"-Postwertzeichen zurückgreifen (siehe: Briefmarke Individuell, Poststations-ATM, Internetmarke, Handyporto). Im Prinzip kann die Post, wie jede andere Privatpost auch, sogar komplett eigene Briefmarken (ohne das Wort Deutschland, d.h. §43-freie Postwertzeichen) verausgaben. Die Post und der Kunde braucht keine Deutschlandbriefmarken mehr. Selbst im internationalen Postaustausch muss keine Deutschlandbriefmarke verklebt werden, es muss hier nur die ordnungsgemäße Begleichung des Porto auf der Sendung "vermerkt" sein und das erfüllt auch ein "DPAG-Postwertzeichen" (aka "Entbezahltbezahlt-Vermerk").

Kurz: Natürlich handelt es sich bei einem "Deutschland"-Wertstempel auf Ganzsachen um ein vom Bundesministerium für Finanzen (nach §43 PostG) herausgegebenes Postwertzeichen. (...)

Beste Grüße
Thomas

[1] https://www.gesetze-im-internet.de/postg_1998/PostG.pdf
[2] https://www.paketda.de/news-briefmarken-lizenzierung.html

[Redaktionell kopiert aus dem Thema "Vorausentwertungen Deutschland", damit dieser gute Beitrag nicht nur um Thema der Vorausentwertungen Deutschland zu finden ist, in dem er nicht gesucht wird]
 
Araneus Am: 03.04.2023 14:41:04 Gelesen: 586# 2 @  
@ DL8AAM [#1]

Hallo Thomas,

ich würde dir gern Recht geben und feststellen, dass ich mich mit meiner Aussage bezüglich der Ganzsachen geirrt habe.

Ich befürchte allerdings, dass die Lage etwas komplizierter ist als du sie darstellst. Du zitierst § 43 des Postgesetzes: "Die Vervielfältigung und Verwendung der vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Postwertzeichen zur Abgeltung von Postdienstleistungen bedarf dessen Erlaubnis."

Deine Schlussfolgerung daraus lautet: „Das bedeutet nur, dass das Bundesministerium der Finanzen das jeweilige "Muster" herausgibt. Für den Rest, d.h. für die anschliessenden Druckaufträge, inkl. der Bestimmung der Auflagenhöhe und auch der gewollten "Form" (naßklebend, gezähnt - Zähnungsart x, geschnitten, selbstklebend etc. oder Ganzsachenwertstempel auf einen "Umschlag") ist dann ausschliesslich der Erlaubnisinhaber in Eigenregie verantwortlich.“

Da verstehe ich das Gesetz anders. Wenn die Deutsche Post ein Postwertzeichen zum Beispiel auf eine Ganzsache drucken will, bedarf es dafür einer ausdrücklichen Erlaubnis. Und wenn sie dasselbe Postwertzeichen auch noch als Folienblatt drucken will, bedarf es dafür einer weiteren Erlaubnis. Die Frage ist, ob es sich bei diesen beiden Konfektionierungen dann noch um Ausgaben des Bundesministeriums für Finanzen handelt.

Was mich nachdenklich macht, ist die Tatsache, dass man – bezogen auf den gerade dargestellten Fall – nicht alle drei Postwertzeichen mit dem Ersttagsstempel stempeln lassen kann, selbst wenn sie am selben Tag herausgegeben werden. Das war zu Zeiten der Deutschen Bundespost noch anders. Welchen Sinn macht diese ungleiche Behandlung auf Seiten der Post? Ich vermute, dass die Post diese Unterscheidung nicht treffen würde, wenn es nicht einen formalen juristischen Hintergrund gäbe.

Leider habe ich kein aktuelles Dokument der Post gefunden, das das erklären würde. Einen Hinweis findet man aber in den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Stempeln zu Sammelzwecken durch die Deutsche Post PHILATELIE (AGB St Phil) - Stand: 01.01.2010“ [1]. (Ich weiß nicht ob es eine aktuellere Version dieser AGB gibt, aber das ist für meine Argumentation hier nicht von Bedeutung).

In diesen AGB heißt es:

Ersttagsstempel (Ortsangaben Bonn sowie Berlin) dokumentieren das offizielle Erscheinungsdatum von Postwertzeichen-Neuausgaben des BMF. Abdrucke von Ersttagsstempeln werden nur auf die zu diesem Stempel gehörenden, originär durch den BMF herausgegebenen, nass klebenden Postwertzeichen abgegeben.

und weiter

Erstverwendungsstempel (Ortsangabe: nur Bonn) hingegen dokumentieren den Erstverkaufstag von Automatenmarken und von Produkten der Deutschen Post, die eine weitere Verwendung des offiziellen Postwertzeichen-Motivs des BMF beinhalten (Zusammendrucke, Marken-Sets u. –Boxen, philatelistische Ganzsachen mit festgelegtem Erstverwendungsdatum). Abdrucke des Erstverwendungsstempels werden nur auf die zu diesem Stempel gehörenden Automatenmarken und Produkten abgegeben.

Das heißt, dass die Post deutlich unterscheidet zwischen den „originär durch den BMF herausgegebenen“ Postwertzeichen und „Produkten der Deutschen Post, die eine weitere Verwendung des offiziellen Postwertzeichen-Motivs des BMF beinhalten“.

Das bedeutet meines Erachtens, dass die Verwendung eine offiziellen Postwertzeichen-Motivs des Bundesministeriums für Finanzen ein Postwertzeichen nicht automatisch zu einem vom Bundesministerium für Finanzen herausgegebenen Postwertzeichen macht.

Ob die Deutsche Post bei der Absenderstempelung (das war der Auslöser dieser Diskussion!) dieselben strikten Unterscheidungskriterien anlegt oder überhaupt gemeint hat, lässt sich im Moment nicht klären.

Schöne Grüße
Franz-Josef

[1] https://www.nikolauspostamt.de/Bestellung/AGB_St_Phil_2010-01-01_Endfassung
 
DL8AAM Am: 03.04.2023 23:52:24 Gelesen: 529# 3 @  
@ Araneus [#2]

Das klingt erst einmal logisch, würde aber in Folge bedeuten, dass die nassklebenden Briefmarken eben keine Briefmarken nach §43 Abs. 2 PostG sind, da sie dann ja vom Ministerium verausgabt und dann aber auch vervielfältigt (nicht vom Erlaubnisinhaber, der Post) sind, d.h. sie sind folglich keine Postwertzeichen, die nach Erlaubnis "zur Verwendung zur Abgeltung von Postdienstleistungen vom Erlaubnisinhaber vervielfältig und verausgabt werden", sondern vom Ministerum selbst. Die Post nur im Auftrag "fremde Briefmarken" verkauft. Das hiesse aber auch, dass das Ministerium für die Auflagenhöhe der Nassklebenden direkt zuständig ist. Die Post erst (nach der erteilten Erlaubnis) Rechte an der sekundären Verwendung des vom BMF verausgabten Postwertzeichens (-Motivs) hätte, d.h. "ab den Selbstklebenden". Nach der Formulierung aus der oben zitierten AGB (des Nikolauspostamts der DPAG?) wäre für die Erstinverkehrbringung der Nassklebenden das BMF selbst verantwortlich.

Oder heisst das, dass nur am Erstausgabetag der Nassklebenden das BMF selbst die Briefmarken ausgibt (ausgeben lässt), und erst am Folgetag die Post?

Wenn das alles so wäre, dann wären nur nassklebende Deutschlandbriefmarken die "echten" Deutschlandmarken, die Selbstklebenden (Rolle/Blister/etc. und Ganzsachenwertstempel, aber auch nassklebende Sekundärkonfektionierungen) wären im Prinzip demnach dann lediglich nur "(Eigen-) Ausgaben der DPAG". Ob man dafür Lizenzgebühren leisten muss, würde dann am Status selbst nichts ändern. Dann dürften aber Selbstklebende (bzw. etwaige sonstige sekundäre Konfektionierungen von Nassklebenden) etc. nicht im Hauptteil des MICHEL (etc.) katalogisiert werden.

Ich kann mir aber zumindest irgendwie nicht vorstellen, dass das BMF die Nassklebenden in Eigenregie und Verantwortung drucken lässt und sie dann der DPAG übergibt. Ich vermute aber mal ganz stark, dass die DPAG (nach Erlaubniserteilung für die Vervielfältigung) auch die Herstelllung der Nassklebenden beauftragt. Trotzdem ist die Unterscheidung Nassklebend versus Selbstklebend in der Stempel-AGB der Post sehr "interessant". Oder gibt es zwei Ebenen der Vervielfältigungserlaubnis? Eine für die nassklebende "Erstausgabe" (Ersttagsstempel) und eine für sämtliche sekundären Vervielfältigungsformen (Erstverwendungsstempel)?

Der Text des Gesetzes klingt für mich irgendwie hier nicht eineindeutig genug.

Für mich "klingt" es trotzden immer noch so, dass das BMF das Postwertzeichen (sozusagen "als Muster") herausgibt. Für die wirkliche physische Vervielfältigung (zur Verwendung zur Portoabgeltung) dann eine Erlaubnis nötig ist und der Erlaubnisinhaber (§ 43 Abs. 2 PostG), aktuell bis Ende 2023 noch die DPAG, anschließend für diese Vervielfältigung zuständig und verantwortlich ist. Alles andere macht irgendwie faktisch keinen "praktikablen" Sinn.

Wobei die Erstempelregeln komisch klingen sind (wenn wirklich Selbstklebende, die ebenfalls am Ersttag der Nassklebenden verausgebt werden, nur einen Erstverwendungsstempel erhalten - bei Erstverwendungen sekundärer Konfektionierungen hätte ich keine Probleme).

Beste verwirrte Grüße
Thomas
 
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