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Thema: Deutsche Lokalausgaben 1945 Lauterbach, "nichtamtliche" Lokalausgabe
Altsax Am: 16.08.2023 16:17:47 Gelesen: 2123# 1 @  
Lauterbach, "nichtamtliche" Lokalausgabe

Hallo zusammen,

Michel unterscheidet bei den Nachkriegs-Lokalausgaben zwischen "amtlichen" und "nichtamtlichen". Zu ersteren zählen ungeachtet ihres oft fragwürdigen Zustandekommens alle mit Poststempeln versehenen Exemplare. "Nichtamtlich" sind alle Marken, die diesen Veredelungsprozeß nicht absolviert haben.

Der folgende Beleg von Lauterbach nach Landenhausen trägt eine solche als "nichtamtlich" geächtete Marke.



Die verstorbene Eigentümerin und Sammlerin erhielt ihn vom Empfänger als Geschenk.

Die Entstehungsgeschichte ist in einer Veröffentlichung des Lauterbacher Hohhaus-Museums akribisch dokumentiert worden. Demnach wurde der Landrat von der Militärregierung ermächtigt, als einzige existierende Verkehrsmöglichkeit im Landkreis eine Fahrbereitschaft aufzustellen, deren Kraftwagenverkehr zur Versorgung der Bevölkerung mit Gütern, Personentransport und Korrespondenzvermittlung diente. Zur Entrichtung der Briefgebühr wurde eine "Kurierpostbriefmarke" herausgegeben.

Nach Wiedereinführung der normlen Post wurde dieser Dienst zum 1.10.1945 eingestellt.

Ob man solche Belege sammeln sollte, unterliegt selbstverständlich persönlicher Einschätzung. Der Begriff "nichtamtlich" ist allerdings eindeutig unzutreffend. Wenn eine Behörde wie das Landratsamt mit Genehmigung der zuständigen Oberbehörde eine Regelung trift, ist diese selbstverständlich "amtlich".

Offensichtlich ist die Katalogisierung dieser Rubrik seit Jahrzehnten von der Michel-Redaktion bzw. einem zuständigen Sachbearbeiter nicht bearbeitet worden. Marken, die "nicht geprüft werden", verliert man dort offensichtlich aus dem Blick.

Wie ist Eure Meinung dazu?

Beste Grüße
Altsax
 
bernhard Am: 16.08.2023 17:34:03 Gelesen: 2092# 2 @  
@ Altsax [#1]

Hallo Altsachs,

das sind unbestritten zeitgeschichtlich interessante Belege und keine Mache. Das Problem an dieser Kurier-Post ist jedoch, dass hier keine POSTBEHÖRDE mit im Spiel war. Ich denke da auch an die früheren PRIVATPOSTAUSGABEN,die werden sicherlich auch nicht von einem BRIEFMARKENPRÜFER geprüft, obwohl im Postverkehr verwendet.

Die fehlende staatliche Postbehörde wird vermutlich das Hauptproblem sei.

Viele Grüße
Bernhard
 
Stefan Am: 18.08.2023 11:04:21 Gelesen: 1991# 3 @  
@ bernhard [#2]

Die fehlende staatliche Postbehörde wird vermutlich das Hauptproblem sei.

Dies sehe ich nicht als Problem.

Dem Vernehmen nach war seitens des BPP vor vielen Jahren einmal ein BPP-Prüfer für die klassische Privatpost (bis 1900) angedacht und auch ein potentieller Sammler ins Visier genommen, welcher über das notwendige sehr umfangreiche Wissen sowie eine entsprechende Sammlung verfügte. Aus mir nicht bekannten Gründen wurde dieses Prüfgebiet im BPP nie realisiert.

Wäre sammlerseitig das Interesse in einem entsprechenden Umfang da, ließe sich sicherlich auch für einige wenige Gebiete der modernen Privatpost ein Prüfgebiet anfragen. Speziell die ersten Jahre einiger weniger Unternehmen (Postmitbewerber) sind preislich teuer (dreistelliger Katalogwert pro Beleg) und selten.

Zurück zur Eingangsfrage: Lauterbach wurde irgendwann im Michel Deutschland-Katalog als nicht amtlich bzw. privates Erzeugnis eingestuft worden. Vielleicht hat der Schwaneberger Verlag noch eine Info in deren Archiv vorliegen, wer dies seinerzeit (irgendwann zwischen 1982 und 1993) veranlasst hatte bzw. auf welchen Anlass diese Unterteilung in amtlich und nicht amtlich fußt?

Im Michel Deutschland Spezial 1982 und 1993 erfolgte noch keine Unterteilung der Lokalausgaben in amtliche und "Nichtamtliche Ausgaben / Privaterzeugnisse", dafür in der 1993er Ausgabe bereits die Einstufung, dass derartige Ausgaben wie Lauterbach derzeit nicht geprüft würden. Zwei Jahre später in der Ausgabe von 1995 ist die Unterteilung zwischen amtlich und nicht amtlich vorhanden. Im Vorwort zu den nichtamtlichen Ausgaben heißt es u.a.:

"Nachfolgend katalogisierte "Ausgaben" stammen aus nicht postamtlicher Quelle. ... Nichtamtliche Ausgaben / Privaterzeugnisse dürfen nach neuerer Rechtssprechung nicht als "Lokalausgaben" bezeichnet werden. ..."

Hat jemand eine Idee, was damit gemeint ist? Gab es ein Gerichtsverfahren?

Meinem Verständnis nach braucht es in Notzeiten keine Post als Behörde, um einen Briefdienst zu betreuen. Stadtverwaltungen sind auch behördlich und haben/hatten eigenes Personal für Kurier- und Zustelldienste. Bekanntestes Beispiel bei letzterem ist die Stadtverwaltung Stuttgart [1], welche spätestens ab 1950 und auch in den ersten Jahren dieses Jahrtausends (bis mindestens 2012) noch über eigenes Personal Sendungen in der Innenstadt von Stuttgart zustellen ließ, Beispiele für Belege siehe [1].

Gruß
Stefan

[1] https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=1263&CP=0&F=1
 
Richard Am: 19.08.2023 09:11:03 Gelesen: 1921# 4 @  
@ Altsax [#1]

Danke fü den ersten im Forum gezeigten Lauterbach Beleg.

Der Michel Spezial 2022 bleibt bei seiner Meinung:

Entwertung nur mit einem Dienststempel des Landratsamtes oder einer Bürgermeisterei; Poststempel sind Mache.

Die Forschung geht weiter, wer Lauterbach Belege oder gar Atteste/Befunde zeigen kann, möge sie bitte hier einstellen.

Grüsse aus dem Allgäu, Richard
 
bernhard Am: 19.08.2023 09:52:44 Gelesen: 1906# 5 @  
@ Stefan [#3]

Hallo Stefan,

ich zitieren aus dem Katalog und Handbuch der deutschen Zonen- und Lokalmarken, herausgegeben von Ernst Müller 1947, Hervorhebungen durch mich:

Es handelt sich also bei der Kurierpostmarke auf keinen Fall um ein Postwertzeichen sondern um eine private Behördendienstmarke, ähnlich den Gerichtsbotenmarken von Galizien. Dies Marke kann aber nicht in die Postwertzeichen-Kataloge Einlaß finden. Sie gehört dann in die Privatpostmarken-Kataloge.

In der Nachkriegszeit wurde versucht die vielen Markenausgaben zu beurteilen, die Spreu vom Weizen zu trennen (Stichwort Hallensische Normen). Es wurden Normen aufgestellt, ein wichtiges Kriterium war dabei die Postamtlichkeit von Ausgaben.

1992 hat der Bund der philatelistischen Prüfer ähnliche Normen zu den Lokalausgaben aufgestellt und mit dem Michel-Katalog, APHV, BDPh und dem Verband für Briefmarkenversteigerungen abgestimmt: "Richtlinien zur Prüfung der Lokalausgaben 1945-48". Sie z.B. BA Deutsche Barfrankaturen und Notentwertungen ab 1945 Rundbrief 50/1993.

Bei Lauterbach heist es: abzulehnen - nicht postamtlich

Viele Grüße
Bernhard
 
Altsax Am: 19.08.2023 20:13:36 Gelesen: 1839# 6 @  
@ bernhard [#5]

"In der Nachkriegszeit wurde versucht die vielen Markenausgaben zu beurteilen, die Spreu vom Weizen zu trennen (Stichwort Hallensische Normen). Es wurden Normen aufgestellt, ein wichtiges Kriterium war dabei die Postamtlichkeit von Ausgaben.

1992 hat der Bund der philatelistischen Prüfer ähnliche Normen zu den Lokalausgaben aufgestellt und mit dem Michel-Katalog, APHV, BDPh und dem Verband für Briefmarkenversteigerungen abgestimmt: "Richtlinien zur Prüfung der Lokalausgaben 1945-48". Sie z.B. BA Deutsche Barfrankaturen und Notentwertungen ab 1945 Rundbrief 50/1993.

Bei Lauterbach heist es: abzulehnen - nicht postamtlich"


Hallo Bernhard,

es muß aber erlaubt sein, sich mit dem Sinn solcher "Normen" auseinanderzusetzen!

Letztlich geht es doch darum, für Philatelisten produzierte "Mache" von echtem Bedarf entsprungenen Maßnahmen zu unterscheiden.

In den ersten Monaten nach Kriegsende gab es in Deutschland Regionen mit einem leidlich funktionierenden Postwesen und solche wie den Landkreis Lauterbach, in denen es daran fehlte. Briefmarken waren entweder nicht vorhanden oder nicht verwendbar. Man kehrte also zur Barfrankierung zurück, oftmals angereichert mit markenähnlichen Zettelchen, als "Lokalausgaben" mit mehr oder weniger Berechtigung geadelt. Daß die Motivation zur Herausgabe dieser "postamtlichen Lokalausgaben" nicht selten in Erzeugung philatelistischer Produkte für Sammler bestand, dürfte unstrittig sein. "Amtlich" wurden sie nicht durch Poststempel, sondern durch zumindest nachträgliche offizielle Anerkennung seitens der zuständigen Postverwaltung. Ob diese in jedem Einzelfalle erteilt wurde bzw. vorlag, ist zumindest strittig.

In den Regionen ohne funktionierendes Postwesen trat die Militärverwaltung als Regierungsmacht in die Funktion, das Verkehrs- und Kommunikationswesen zu organisieren, bzw., wie im Falle des Landratsamtes Lauterbach, entsprechende Initiativen zu genehmigen. Wer daraus resultierende Maßnahmen nicht als "amtlich" betrachtet, hat den Begriff nicht verstanden.

Selbstverständlich hatte die Post ein Monopol auf die Briefbeförderung in Deutschland. Jedes Monopol verliert aber seine Wirksamkeit und Berechtigung, wenn der Monopolist nicht in der Lage ist, es auszuüben! Diese Lücke ist hier gefüllt worden durch das Kraftpostwesen des Landratsamtes.

Es wäre an der Zeit, daß diejenigen, die sich berechtigt fühlen, philatelistische "Normen" aufzustellen, sich einmal mit den Grundlagen des Staatsverwaltungsrechts beschäftigten.

Es gab schon zu "klassischen" Zeiten ein die Post ergänzendes Botenwesen. Da ist noch niemand auf die Idee gekommen, es philatelistisch zu ächten.

Mir ist klar, daß es sich bei den Lokalausgaben nicht gerade um den Mittelpunkt des philatelistischen Interesses in Deutschland handelt. Gleichwohl wäre es an der Zeit sich mit diesem Nebengebiet in einer Weise zu beschäftigen, die populäreren Gebieten längst zuteil wurde.

beste Grüße
Altsax
 
bernhard Am: 19.08.2023 22:09:58 Gelesen: 1810# 7 @  
@ Altsax [#6]

Hallo Altsax,

da rennst du bei mir offene Türen ein. Ich habe nur zitiert und begründet. Die Einteilung im Michel ist sicherlich besser als sie zuvor war. Soweit ich weiß sollte auch nichts gestrichen werden. Das führte dann letztlich dazu, dass sie im Michel auf der gleichen Stufe wie manch Machwerk steht.

Hier müssen andere die Regeln nachschärfen oder der Michel müsste über den Charakter jeder Ausgabe besser aufklären. Es ist ein schwieriges Thema, da alle Verbände unter einen Hut gebracht werden müssen. Der vorhergehende Prozess zog sich meine ich ebenfalls über einen längeren Zeitraum hin.

Viele Grüße
Bernhard
 
Altsax Am: 20.08.2023 07:43:45 Gelesen: 1769# 8 @  
@ bernhard [#7]

"Hier müssen andere die Regeln nachschärfen oder der Michel müsste über den Charakter jeder Ausgabe besser aufklären. Es ist ein schwieriges Thema, da alle Verbände unter einen Hut gebracht werden müssen. Der vorhergehende Prozess zog sich meine ich ebenfalls über einen längeren Zeitraum hin."

Hallo Bernhard,

es geht nicht um das Nachschärfen von Regeln, sondern ausschließlich um deren Einhaltung durch solide philatelistische Forschung. Das können nicht irgendwelche Verbände und schon gar nicht der Michel leisten. Wie sind denn solche Bubenstücke wie bei der Potschta-Marke und der SS/SA - Ausgabe aufgeklärt worden? Durch intensive Recherchen Einzelner! Durchgesetzt werden mußten deren Erkenntnisse gegen ausdauernden Widerstand gerade der Institutionen, die sich den Sammlerschutz und das Setzen von "Normen" auf die Fahnen geschrieben hatten und haben.

Mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur unmittelbaren Nachkriegszeit wird es einerseits schwieriger, noch Aufklärung mit Hilfe von Zeitzeugen zu betreiben, andererseits erleichtert es eine objektive Betrachtung, wenn die damaligen "Mittäter" und Profiteure keine Nebelkerzen mehr werfen können.

Eine "postamtliche" Briefmarkenausgabe wird nicht von einem Postamt, sondern von der zentralen Postverwaltung herausgegeben bzw. (nachträglich) genehmigt. Dazu müssen Dokumente existieren bzw. existiert haben. Läßt sich das nicht zweifelsfrei nachweisen, ist die betreffende Markenausgabe eben nicht postamtlich. Das Gleiche gilt für die von einer dazu berechtigten Institution herausgegebenen "amtlichen" Marken.

Wer für sich in Anspruch nimmt, ernsthafte Philatelie zu betreiben, muß sich auch an die Kriterien halten, die wissenschaftlichen Standards genügen. Das mag hochtrabend klingen, ist aber der einzige Weg, sich andauernden Diskussionen entziehen zu können.

Selbstverständlich kann die Michel-Redaktion keine Forschung betreiben. Dafür hat sie ihre externen Sachbearbeiter. Es ist aber ihre Aufgabe, vor Aufnahme in den Katalog zu prüfen, ob diese Sachbearbeiter nach anerkannten Standards gearbeitet haben. Daran scheint es bei einigen Gebieten gefehlt zu haben.

Beste Grüße
Altsax
 
bernhard Am: 20.08.2023 09:01:13 Gelesen: 1752# 9 @  
@ Altsax [#8]

Hallo Altsax,

jetzt kann ich dir nicht mehr folgen. Diese Ausgabe ist doch längst (positiv) aufgeklärt und wie ich eingangs schon ausgeführt hatte sind das unbestritten zeitgeschichtlich interessante Belege und keine Mache. Wenn die Ausgabe an anderer Stelle als bisher in den Katalogen auftauchen soll, müssen Regeln geändert werden, das ist fakt. Selbst wenn "alles" zu dieser Ausgabe geklärt ist, ändert dies ja nichts am momentanen Status.

Viele Grüße
Bernhard
 
Frankenjogger Am: 20.08.2023 09:54:01 Gelesen: 1745# 10 @  
@ bernhard [#9]

Man kann auch zeitgeschichtliche Kommunikationsbelege (so würde ich solche Belege einordnen, wenn sie nicht postamtlich sind) sammeln und erforschen, ohne dazu einen Michel-Katalog heranziehen zu müssen. Der Michel ist nicht das einzige heiligmachende Mittel, um Belege in ihrer zeitgeschichtlichen Echtheit zu legitimieren. Dazu kann auch andere Literatur herangezogen werden, wenn es sie gibt. Oder man schreibt diese Literatur selbst.

@ Altsax [#8]

Selbstverständlich kann die Michel-Redaktion keine Forschung betreiben. Dafür hat sie ihre externen Sachbearbeiter. Es ist aber ihre Aufgabe, vor Aufnahme in den Katalog zu prüfen, ob diese Sachbearbeiter nach anerkannten Standards gearbeitet haben.

Es ist aber nicht zwingend Aufgabe der externen Sachbearbeiter, der Michel-Redaktion zuzuarbeiten. Es kann und wird immer Literatur geben, deren Inhalt sich nicht im Standard-Katalog widerspiegelt.

Ob das dann wertfördernd ist, steht jedoch auf einem anderen Blatt.

Viele Grüße,
Klemens
 
Detlev0405 Am: 20.08.2023 11:21:20 Gelesen: 1713# 11 @  
@ Frankenjogger [#10]

Der Michel ist nicht das einzige heiligmachende Mittel, um Belege in ihrer zeitgeschichtlichen Echtheit zu legitimieren.

Hallo Klemens,

diese Aussage trifft wohl auf alle Standardwerke zu, wie ich auch selbst feststellen musste. Meine "Bibel" für die Luftpost der Tschechoslowakei bis 1939 ist der Horka vom Trojan Verlag. Es ist der umfangreichste und beste Katalog zu diesem Thema und trotzdem weist er Fehler bzw. Unzulänglichkeiten auf. 25 Jahre nach Erscheinen auch kein Wunder.

In meinem Beitrag [1] unter der Nummer [#313] setze ich mich einer Fehlannahme zum gemeinsamen Flugplatz Mährisch Ostrava / Opava auseinander. Dieser gemeinsame Flugplatz existierte nie und so war es nur logisch, das zwischen beiden Flugplätzen auch ein Erstflug stattfinden konnte. War aber nirgends in der Literatur vermerkt. So konnte ich den bisher einzigen Erstflugbeleg auf dieser Strecke nachweisen.

@ Altsax

Nutze einfach dieses Forum um Deine Erkenntnisse und Deinen Standpunkt zu verbreiten. Es wird von vielen Sammlern gelesen. Und vor allem untermauere Deine Feststellung über amtliche Anordnung dieser Art von Postverkehr mit entsprechenden Quellen. Das würde vielen helfen.

Gruß
Detlev

[1] https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=11159&F=1&CP=0&page=16
 
bernhard Am: 20.08.2023 11:49:15 Gelesen: 1705# 12 @  
@ Frankenjogger [#10]

Dazu kann auch andere Literatur herangezogen werden, wenn es sie gibt. Oder man schreibt diese Literatur selbst.

Es gibt eigene Veröffentlichungen zu dieser Ausgabe und einiges an Artikeln, siehe nachfolgende Seiten von Dr. H.A. Seelbach aus 1949. Ein versierter Sammler dieses Gebietes kann sicherlich umfangreicheres zu Papier bringen.



Viele Grüße
Bernhard
 
Altsax Am: 20.08.2023 17:19:46 Gelesen: 1660# 13 @  
@ bernhard [#9]

Hallo Bernhard,

Diese Ausgabe ist doch längst (positiv) aufgeklärt und wie ich eingangs schon ausgeführt hatte sind das unbestritten zeitgeschichtlich interessante Belege und keine Mache. Wenn die Ausgabe an anderer Stelle als bisher in den Katalogen auftauchen soll, müssen Regeln geändert werden, das ist Fakt. Selbst wenn "alles" zu dieser Ausgabe geklärt ist, ändert dies ja nichts am momentanen Status.

Hallo Bernhard,

die Lauterbacher Ausgabe diente mir als Beispiel dafür, daß in Bezug auf die Lokalausgaben im Michel keine nachvollziehbare und durch Forschung geklärte Einteilung besteht:

a) unterschieden wird (nach den Richtlinien des BPP) zwischen als Postwertzeichen eingestuften Ausgaben und "nichtamtlichen/Privaterzeugnissen", die zwar mit Wertangaben versehen, aber nicht geprüft (= nicht als Postwertzeichen anerkannt) werden. Da im BPP anscheinend ohnehin kein Prüfer für die Lokalausgaben existiert, laufen dessen "Richtlinien" leer.

b) es wird nicht angegeben, nach welchen Kriterien jeweils die Einteilung erfolgt. Daß die Lauterbacher Ausgabe "amtlich" ist, dürfte unstrittig sein. Daß einigen der im Katalog als Postwertzeichen eingestuften Marken eine durch Dokumente belegte Anerkennung der Postverwaltung fehlt, läßt sich nicht bestreiten.


Es ist aber nicht zwingend Aufgabe der externen Sachbearbeiter, der Michel-Redaktion zuzuarbeiten. Es kann und wird immer Literatur geben, deren Inhalt sich nicht im Standard-Katalog widerspiegelt.

Hallo Klemens,

wenn der Michel für ein Gebiet keinen Sachbearbeiter hat, der ihm zuarbeitet, muß er sich einen suchen oder zumindest im Katalog darauf hinweisen, daß seine Angaben den Erkenntnisstand von 19xx wiedergeben.

Ein Spezialsammler wird sich immer für sein Gebiet die aktuelle Literatur besorgen. Für den Spezialsammler ist der Michel-Katalog aber nicht gemacht, er braucht ihn nicht. Der Michel dient den Sammlern mit breitem Interessensgebiet zur Orientierung. Er muß deshalb nicht in die Tiefe gehen, darf aber auch neue Erkenntnisse nicht unbeachtet lassen. Das gilt insbesondere dann, wenn es um das Ausscheiden von Machwerken geht.


Ich will mich nicht an dieser Lauterbacher Ausgabe festbeißen. Es ist weder mein Sammelgebiet, noch gehört mir der Beleg. Weil mir der Umschlag im Rahmen einer Nachlaßbeurteilung auffiel, hatte ich mich damit beschäftigt. Die Analogie zu meinem Sammelgebiet Sachsen, bei dem auch seit langem im Michel nicht mehr haltbare Inhalte perpetuiert werden, hat mich bewogen, dieses Thema aufzugreifen. Damit will ich es belassen.

Beste Grüße
Altsax
 
bernhard Am: 20.08.2023 21:41:51 Gelesen: 1609# 14 @  
@ Altsax [#13]

"die Lauterbacher Ausgabe diente mir als Beispiel dafür, daß in Bezug auf die Lokalausgaben im Michel keine nachvollziehbare und durch Forschung geklärte Einteilung besteht:"


Hallo Altsax,

das ist so nicht ganz korrekt. Die Einteilung ist zumindest dem damaligen Stand der Forschung geschuldet. Ich denke das ganze wurde schon Gewissenhaft bearbeitet. Manches war halt noch ungenügend erforscht. Das Nachvollziehen geht nur über die Geschichte des Werdegangs dieser Richtlinien, da geben die nachfolgenden Seiten aus dem Rundbrief 47/1991 der BA Deutsche Barfrankaturen und Notentwertungen ab 1945 gibt zumindest einen kleinen Überblick:



Aus der Erinnerung einige Kriterien: wer hat die Ausgabe veranlasst?; erfolgte die Verausgabung durch die Post?; waren Privatpersonen an der Ausgabe beteiligt?; erfolgte die Abgabe der Marken am Postschalter an das Publikum?; wurden die Marken von einer vorgesetzten Postbehörde vorab oder nachträglich genehmigt?; lag ein Bedarf für diese Ausgabe vor?; war die Auflagenhöhe gerechtfertigt? Wurden die Marken tatsächlich auf Bedarfspost verwendet?; Portowerte gerechtfertigt usw.

Bei Lauterbach war eindeutig die Nicht-Post-Marken ausschlaggebend für die Einteilung.

Da Lauterbach (Hessen) nur ein Beispiel war, stellt sich die Frage, welche Ausgaben du noch meinst? Stelle sie doch in einem eigenen Beitrag vor.

Viele Grüße
Bernhard
 
Richard Am: 22.08.2023 15:16:47 Gelesen: 1521# 15 @  
@ Altsax [#1]

Um weitere Informationen zu erhalten (Belege, Fachbeiträge, Atteste usw.) hatte ich Ulrich Horalek (GSFreak), Leiter der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Notmaßnahmen ab 1945, angeschrieben und folgende Antwort erhalten:

in den Rundbriefen der Arge DEUNOT sowie deren Vorgängerargen findet sich kein Beitrag über Lauterbach.

Damit bleibt der Beleg von Altsax vorläufig ein Unikat, das zudem noch im Michel mit 180 Euro bewertet wird.

NUR 180 Euro für ein Unikat ?

Wie kommt Michel auf einen Preis ? Den Preisen liegen doch Auktionsergebnisse und aktuelle Händlerpreislisten zugrunde ?

Altsax, herzlichen Dank für Deine fachlichen Beiträge. Ich bin sicher, Du wirfst auf das Thema hin und wieder einen Blick.

Schöne Grüsse, Richard
 
bernhard Am: 22.08.2023 18:22:06 Gelesen: 1479# 16 @  
@ Richard [#15]

Es existiert tatsächlich kein spezieller Beitrag zur Kurier-Post von Lauterbach (Hessen) in den Rundbriefen der Arge LOKNOT, BA Barfrankaturen und Notentwertungen und ArGe DEUNOT. Es schließt aber nicht aus, das diese Ausgabe in allgemeinen Beiträgen über Lokalausgaben abgehandelt und auch abgebildet wurden. So zum Beispiel im RB der ArGe LOKNOT 50/1985 S. 57.



Viele Grüße
Bernhard
 
Altsax Am: 22.08.2023 20:24:33 Gelesen: 1459# 17 @  
@ bernhard [#16]

"So zum Beispiel im RB der ArGe LOKNOT 50/1985 S. 57."

Hallo Bernhard,

der von Dir gezeigte Beitrag paßt sehr gut zu dem, was ich oben geschrieben hatte: Für jede einzelne Ausgabe muß der Nachweis erbracht werden, wer sie veranlaßt resp. genehmigt hat und zu welchem Zweck sie nachweislich gebraucht und genutzt wurde.

Dem zuletzt gezeigten Beitrag zufolge diente die Lauterbacher Marke ausschließlich der Kurierpost zwischen Behörden.

Nach der Dokumentation des Hohhaus-Museums wurden mit der Marke auch Briefe der Anwohnerschaft des Landkreises frankiert.

Zweifellos wäre eine reine Behördenpostmarke etwas völlig anderes als die uns Philatelisten interessierenden Notausgaben.

Es gilt also, die den gegenteiligen Ansichten zugrundeliegenden Quellen einer sorgfältigen Analyse zu unterziehen.

Nach meinen Erfahrungen mit der Quellenlage in philatelistischen Publikationen aus dem vorigen Jahrhundert würde ich grundsätzlich einer Museumsdokumentation einen Vertrauensvorschuß zubilligen.

Gleichwohl werde ich mit dem Museum Kontakt aufnehmen und erfragen, was über die in der Publikation genannten Quellen hinaus noch dort archiviert ist.

Beste Grüße
Altsax
 
bernhard Am: 23.08.2023 17:34:17 Gelesen: 1337# 18 @  
@ Altsax [#17]

Hallo Altsax,

dann informiere dich doch gleich mal wegen den im Museum vorhandenen Beständen (laut Michel 24.000 Marken) und ob zwischen 1945 und 1947 von diesen Beständen dann noch Marken an Händler oder Sammler abgegeben wurden. Ich habe bei der Durchsicht in der Literatur unterschiedliche Angaben entdeckt, über die ich, nach Durchsicht verschiedener Kataloge, später noch berichten werde.

"Nach der Dokumentation des Hohhaus-Museums wurden mit der Marke auch Briefe der Anwohnerschaft des Landkreises frankiert."

Hiermit habe ich noch ein Problem. Wie sollte das Postpublikum an diese Marken kommen (Verkauf im Bürgermeisteramt?)? Wo sollte die frankierte Post abgegeben werden (Bürgermeisteramt?)? Eine Behörde stellte ja auch keine frankierten Antwortumschläge zur Verfügung. Post von Privat an Privat kann ich mir kaum vorstellen, der Kurier müßte von seiner Route abweichen und die einzelne Adresse aufsuchen. Auch lief der normale POSTverkehr sicher schon vor dem 1. Oktober 1945 an. Hier gibt es noch eine Reihe von Fragen, auf die müssen erst Antworten gefunden werden !

Viele Grüße
Bernhard
 
bernhard Am: 23.08.2023 19:56:12 Gelesen: 1310# 19 @  
Nach Durchsicht älterer Kataloge nun folgendes Bild in Bezug auf die verkauften und unverkauften Marken. In der Zeit von 1946 bis 1948 gab es etliche kleine Katalogwerke und Broschüren.

Erstmals in der Broschüre von Dr. Seelbach (1949) [#12] im abgebildeten Schreiben des Landrates ( 13. August 1947) finden sich die Angaben im Michel, der diese vom Müller-Katalog übernommen hat.

Verkauft: 16.000 Unverkauft: 24.000

Gemäß Bath / Montovani, unveröffentlichtes Manuskript, 1947:

"Der Landrat des Landkreises Lauterbach hat mir unterm 7. Januar 1947 folgende Auskunft erteilt.
....
Die Auflage betrug 40.000 Stück, der Restbestand 35.000 Stück."


Dr. Richard Jacob schreibt in seiner Forschungsarbeit über die Deutschen Briefmarken seit Mai 1945 (August 1946):

"Auflage: 40.000, wovon bis zur Einstellung des Verkauf 8.000 abgesetzt waren."

Diese Angaben bringt auch der Katalog von Oetken / Hähle 1947.


Nach den frühesten Ständen verkaufte Marken:

August 1946: 8.000
7. Januar 1947: 5.000
13. August 1947: 16.000

Hieraus lässt kein eindeutiger Reim machen. Ich vermute jedenfalls, dass vor dem 13. August 1947 noch weitere Bestände an Händler/Sammler abgegeben wurden.

Im Anhang noch ein Link und Auszug einer älteren Christoph Gärtner Auktion (1919):

https://www.stampcircuit.com/stamp-Auction/auktionshaus-christoph-g%C3%A4rtner-gmbh-co-kg/8975328/lot-31620-deutschland-besonderheiten

Viele Grüße
Bernhard


 
bernhard Am: 26.08.2023 17:17:09 Gelesen: 1147# 20 @  
Ein Artikel in der Zeitschrift DER DEUTSCHLAND-SAMMLER 8/1953 gibt weitere Erkenntnisse:

Verkaufzahlen: 5.000 Stück.

Zu Briefen von Privat an Privat der folgende interessante Auszug:



Post von Privat an Privat war wohl etwas umständlich, aber laut dieser amtlichen Auskunft möglich. Wäre natürlich interessant ob solche Belege auch erhalten geblieben sind.

Viele Grüße
Bernhard
 
Altsax Am: 26.08.2023 17:28:53 Gelesen: 1139# 21 @  
@ bernhard [#20]

"Wäre natürlich interessant ob solche Belege auch erhalten geblieben sind."

Hallo Bernhard,

ist der Beleg auf dem gezeigten Gärtner-Los kein Privatbrief?

Beste Grüße
Altsax
 
bernhard Am: 26.08.2023 17:44:40 Gelesen: 1125# 22 @  
@ Altsax [#21]

ist der Beleg auf dem gezeigten Gärtner-Los kein Privatbrief?

Kann durchaus sein. Ich sehe zwar keinen Absender, aber eine amtliche Instutition hätte (normalerweise) auf der Vorderseite ein Dienstsiegel hinterlassen.

Auf der anderen Seite hat der von Dir gezeigte Brief auch kein Dienstsiegel, obwohl die teils gestempelte Anschrift ebenfalls eine Behörde erwarten läßt.

Es fragt sich auch, ab welchem Zeitpunkt die Sammler diese Ausgabe mitbekommen haben. Dies dürfte schon relativ früh der Fall gewesen sein, da die Ausgabe spätestens im August 1946 in Katalogen auftaucht. Schade, dass die Umschläge ohne Datierung sind.

Viele Grüße
Bernhard
 
bernhard Am: 21.12.2023 20:24:38 Gelesen: 403# 23 @  
@ Richard [#15]
@ bernhard [#16]

Hallo zusammen,

tatsächlich wurde eine weitere Abhandlung der "Vorgänger-ArGen" übersehen, welche ich nachfolgend vorstelle.



aus Arbeitgemeinschaft Lokalausgaben und Notmaßnahmen (LOKNOT) Rb. 2/1977 S. 43-44

Seltsamerweise ist bei diesem Artikel aus dem Jahre 1977 überhaupt keine Rede von einer Verwendung der Kurierpost-Marken durch Privatpersonen.

Viele Grüße
Bernhard
 
Richard Am: 02.01.2024 09:19:40 Gelesen: 254# 24 @  
Als Ergänzung zum Beitrag [#12] zeigen wir hier die Veröffentlichung von Dr. Seelbach gut lesbar und vollständig.

Dr. Seelbach stammte ursprünglich aus Berlin. Nach dem Krieg kam er in Bad Nauheim unter und hatte dort eine Briefmarkenhandlung. Philatelistische Veröffentlichungen von ihm sind mir nur aus den 1940-er Jahren bekannt (1947-1949, Lokalausgabe Bad Nauheim, Gedenkblockkatalog, Lauterbach).






 
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