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Thema: **** Was tut der BPP gegen gefälschte Prüfzeichen ?
Das Thema hat 29 Beiträge:
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Richard Am: 01.08.2017 09:07:52 Gelesen: 13821# 1 @  
Nachdem auf einer Internetseite immer wieder darauf verwiesen wird, dass der BPP nichts gegen gefälschte Prüfzeichen tut, haben wir den BPP Präsidenten Christian Geigle angeschrieben und von ihm folgende Antwort erhalten:


Selbstverständlich unternimmt der BPP eine Menge gegen Prüfzeichenfälschungen, nur eben nicht so öffentlichkeitswirksam wie dies gerne in den Foren gefordert wird.

Das größte Problem ist die Trägheit und Unlust der zuständigen Staatsanwaltschaften, unseren Hinweisen nachzugehen. Ich darf nur an die Causa "Colonnaden-F." erinnern, die vom Schadenumfang und der Tätigkeitsdauer des Betrügers K F vermutlich absoluter Spitzenreiter in Deutschland ist. Leider ist die Staatsanwaltschaft Hamburg zuständig, die ein äußerst bescheidenes Engagement zeigt und den Fall der Verjährung entgegen dämmern lässt. Dass dort offensichtlich die falschen Leute sitzen, ist in den vergangenen Wochen immer wieder deutlich geworden. Der letzte Generalstaatsanwalt, mit dem ich telefoniert habe, ein Herr von Selle, ist auch schon wieder weggelobt. Seinen Nachfolger kenne ich (noch) nicht, hege aber keine überzogenen Erwartungen in seine Arbeitslust. In München sähe die Durchsetzung des Rechts ganz anders aus, aber die Bayern können leider nicht überall sein.

Die Fälschung von Prüfzeichen stellt übrigens keinen Angriff auf unsere Markenrechte dar, der diese zum Erliegen bringen könnte. Wir hätten viel zu tun, wollten wir gegen jeden Kleinganoven bei Ebay oder anderen Schnäppchenanbietern gleich mit der Strafanzeigenkeule losschlagen. Dazu kommt die berechtigte Frage, wer diese ganze Arbeit überhaupt leisten soll oder auch nur kann. Ich kann´s nicht. Das Ehrenamt "BPP" zwingt mich leider noch zu anderweitigem Broterwerb. Die Ressourcen des BPP sind beschränkt. Wenn dann auch noch die staatlich vorgesehenen Institutionen nicht mitspielen, stehen wir BPP´ler allein auf weiter Flur.

In der Regel werden wir bei Prüfzeichenfälschungen aktiv, wenn sie uns im Original im Rahmen eines Prüfauftrages vorgelegt werden, so dass die "Echtheit der Fälschung" zweifelsfrei festgestellt werden kann. Die BPP-Kollegen sind dann gehalten, bei der örtlichen Polizeidienststelle Strafanzeige wegen Urkundenfälschung zu stellen. Wenn dann auch noch der betrogene Käufer eine weitere Strafanzeige wegen (versuchtem) Betrug und Urkundenfälschung stellt, könnte es für den Philateliekriminellen irgendwann, bei entsprechender Häufung solcher Anzeigen, eng werden. Könnte. Je nachdem, ob er im Norden oder Westen oder (für ihn dummerweise) im Süden lebt.

Die letzte mir bekannte Verurteilung wegen vorstehender Delikte war übrigens 2005 der Fall Blüm. Der Möchtegernauktionator aus Bensheim bekam 2 Jahre auf Bewährung, also eigentlich nichts. Der letzte tatsächlich eingerückte Briefmarkenbetrüger dürfte im frühen 20. Jahrhundert verurteilt worden sein.

Merke: Fälschungsbekämpfung ist nichts für Feiglinge (in Abwandlung eines schönen Spruches von Blacky Fuchsberger). Auf der anderen Seite hält sich mit meiner heutigen, über dreißigjährigen Erfahrung das Mitleid mit den armen Betrogenen oftmals in engen Grenzen. Wer glaubt, bei Ebay geprüfte Luxusware zum Minipreis schnappen zu können, sollte sich ein anderes Hobby suchen. Pokémon-Go oder Panini-Bilder passen dann besser zu seiner cerebralen Kapazität.

Es gibt im Leben nichts geschenkt. Warum das ausgerechnet bei Briefmarken und dort ganz besonders bei Ebay nicht gelten soll, hat mir noch niemand erklären können.

Prüfzeichen sind ein Auslaufmodell, gerade bei besseren Stücken. Die diesjährige Abschaffung der Signierung bei Stücken ab 500 Euro Katalogwert, auch bei Qualitätsmängeln, war der richtige Einstieg des BPP. Die einstimmige Akzeptanz bei unseren Mitgliedern, die nun zum Teil einen erheblichen Mehraufwand haben, zeigt uns das. Mindestens genauso wichtig ist aber bei den Käufern geprüften Materials einerseits ein möglichst guter Kenntnisstand über das Prüfwesen und dessen Regeln, andererseits ein gesundes Misstrauen gegenüber allzu schönen Schnäppchen, Versprechungen und Verlockungen.

Mir ist bewußt, dass meine Meinung nicht von allen Philatelisten, Philoutelisten und Schnäppchensüchtigen geteilt werden kann. Das zeigt schon ein Blick in die philatelistischen Foren, die ich zwar passiv, aber sehr aufmerksam verfolge. Für positive und/oder berechtigte Kritik ist der BPP stets dankbar und offen. Leider erfüllen nicht alle Forenbeiträge diese Anforderung. Das gehört aber zum Leben dazu. Wir Philatelisten sind eben auch nur ein kleiner Ausschnitt aus dem großen Ganzen.

Mit freundlichem Gruß,

Christian Geigle
 
10Parale Am: 01.08.2017 11:38:51 Gelesen: 13738# 2 @  
@ Richard [#1]

Mir ist bewußt, dass meine Meinung nicht von allen Philatelisten, Philoutelisten und Schnäppchensüchtigen geteilt werden kann.

Ich teile mit ganzem Herzen die Ausführungen von Herrn Christian Geigle. Tatsächlich scheinen sich auf dem Markt viele Kleinganoven herzumzutummeln. Ich hege ein gewisses Verständnis für die Tatsache, dass solche kriminelle Energie, die dahinter steckt, nicht in dem Maße von der Staatsanwaltschaft verfolgt wird, wie vielleicht von Sammlerseite gewünscht. Dafür gibt es leider zu viel Kriminalität, die "Vorrang" bei der Strafverfolgung haben sollte, wie z.B. die gestiegene Zahl der Einbruchsdelikte, um nur ein Beispiel zu nennen.

Zudem ist der Raum für Zellen in Deutschland arg begrenzt. Auch mein Mitleid mit den "armen Betrogenen" hält sich tatächlich in Grenzen. Wir schreien all zu schnell nach dem Staat, wenn wir meinen, uns nicht selbst helfen zu können.

Sehr gute Stellungnahme!

Gruß

10Parale
 
18609 Am: 01.08.2017 22:18:36 Gelesen: 13531# 3 @  
@ Richard [#1]

Gut, dass man erkannt hat, dass Prüfzeichen ein Auslaufmodell sind, leider erst jetzt. Sicherlich haben BPP Prüfer nun einen (erheblichen) Mehraufwand, aber dieser macht sich auch in der Kasse bemerkbar.

Egal, ob man sein Lebensunterhalt mit dem Prüfen verdient oder Hobbyprüfer ist, wenn man keinen Spaß an der Arbeit hat und meckert, ist man fehl am Platz.

Gruß
18609
 
bovi11 Am: 06.09.2017 22:20:39 Gelesen: 13034# 4 @  
@ Richard [#1]
@ alle

Ich habe im Dezember 2016 mit Christian Geigle über das Thema gesprochen. Er wollte sich aufgrund meiner Hinweise mit dem Thema befassen. Ist aber offensichtlich bislang nicht passiert.

Es mag ja sein, daß Signaturen auf Marken ein Auslaufmodell sind. Gleichwohl werden zahlreich Marken mit gefälschten BPP-Prüfzeichen angeboten und verkauft.

Die strafrechtliche Schiene, darauf hatte ich Christian Geigle hingewiesen, ist mehr vom Engagement des Staatsanwalts abhängig. In der Regel wird der dafür seine Kaffeetasse nicht abstellen. Die Staatsanwaltschaft hat schließlich deutlich wichtigere Aufgaben zu erledigen:

http://t1p.de/wr2e

Viel effizienter ist der zivilrechtliche Weg über die markenrechtliche Abmahnung. Dann ist der jeweilige Anbieter innerhalb von 2 Wochen aus dem Verkehr gezogen. Wenn Produkte von Markenherstellern kopiert und mit der Marke versehen oder beworben werden, reagieren die i.d.R. sofort. Es gibt keinen plausiblen Grund, warum das bei markenrechtlich geschützten Signaturen auf Briefmarken anders sein sollte. Beim BPP herrscht offenkundig eine Sachunkenntnis und man geht deshalb den zeitlich viel aufwendigeren Weg über die Strafanzeige, die zudem auch noch keine brauchbaren Ergebnisse bringt.

Ein effizienter Ablauf könnte so aussehen:

Voraussetzung: Gewerblicher Anbieter oder privater Anbieter, der im gewerblichem Umfang handelt. Ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch setzt ein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraus.

1. Ein Sachkundiger meldet Angebote eines Fälschungsanbieters.
2. BPP erteilt Auftrag.
3. Ich lasse einen Kauf durchführen, um die Verkäuferdaten zu bekommen.
4. Der Delinquent wird abgemahnt.
5. Er wird aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Im Fall eines Verstoßes gibt es Vertragsstrafen für den BPP.
6. Gibt er keine Unterlassungserklärung ab, bekommt der Verkäufer eine einstweilige Verfügung und im Falle eines Verstoßes gegen das gerichtlich verfügte Verbot wird ein Ordnungsmittelantrag gestellt. Im ersten Verstoßfall wird üblicherweise ein Ordnungsgeld iHv 2.500 Euro festgesetzt, ersatzweise Ordnungshaft.

Das ist meiner Ansicht nach der einzig sinnvolle Weg, der Flut von Zeichenfälschungen Herr zu werden.

Grüße

Dieter
 

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