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Thema: Rechtssicherheit im Handel
Lars Boettger Am: 15.02.2024 09:54:15 Gelesen: 1038# 1 @  
@ 10Parale

Wenn ich mir vorstelle, wie viele mittelständische und kleinere Firmen (Handel, Gastronomie, Nahrungsmittel) laut seriösen Quellen (Wirtschaftsfachpresse) dieses Jahr Insolvenz anmelden sollen, dann sehe ich hier ein Beispiel, wie wir uns in Deutschland das Wirtschaften selbst schwer machen.

Versetze Dich in die Lage eines gewerblichen Briefmarkenhändlers, der seine Marken ehrlich beschreibt, die fraglichen Werte beim BPP-Experten prüfen lässt und der Tag für Tag um sein Überleben kämpft, weil immer weniger Sammler bereit sind, Geld für ihre Marken auszugeben. Das Internet ist der neue Verkaufskanal, auf der ehrliche Briefmarkenhändler gegen Schwarzhändler und gewerbliche Händler, die es mit der Beschreibung nicht so genau nehmen, in Konkurrenz treten. Dumm nur für die Schwarzhändler und die unehrlichen gewerblichen Händler, dass das Internet selten Dinge vergisst. Im Internet kann man schön nachvollziehen, was ge- und verkauft wurde. Der ehrliche Händler erwartet vom APHV und dem BPP, dass beide Verbände ihre Rechte durchsetzen.

Das kostenpflichtige Durchsetzen von Rechten im Internet war vor 10-15 Jahren (wenn ich es noch richtig weiss) überhaupt kein Thema. Das hat sich heute geändert und macht das Internet zu einem etwas sichereren Ort. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Verbänden hat sich in den letzten Jahren auf Arbeitsebene deutlich verbessert. Anstatt dem Setzen von Nadelstichen gegen unehrliche Zeitgenossen hast Du jetzt ein ganzes Arsenal von Möglichkeiten, die Du einsetzen kannst.

Beste Grüsse!

Lars
 
10Parale Am: 15.02.2024 21:49:20 Gelesen: 568# 2 @  
@ Lars Boettger [#1]

"Der ehrliche Händler erwartet vom APHV und dem BPP, dass beide Verbände ihre Rechte durchsetzen."

Nun gut. Gerne versetzte ich mich auch in die Lage eines ehrlichen gewerblichen Briefmarkenhändlers, der Tag um Tag um sein Überleben kämpft und seine Ware beim BPP oder einer sonstigen anerkannten Prüfervereinigung prüfen lässt und diese auch fachmännisch beschreibt. Wenn ich es richtig verstehe, ist der Beitritt zum APHV freiwillig und keine Pflicht. Dennoch habe ich mal eine Frage zu der Satzung des APHV, Punkt 1.7. " Der APHV ist Schirmherr des Bund Philatelistischer Prüfer e.V. – BPP -. Briefmarkenprüfer, die Mitglied im APHV sind oder werden wollen, müssen daher ihrerseits Mitglied im BPP sein.".

Was bedeutet hier Schirmherr? Ich verstehe unter dem Begriff einen Botschafter oder Vermittler, weniger eine übergeordnete Organisation.

In meiner Stadt gibt es einige leerstehende Geschäftsräume in der vielbelebten Innenstadt-Fußgängerzone. Die Grenznähe zur Schweiz und zu Frankreich lockt viele Gäste an. Ich versetzte mich auch oft in die Lage eines mutigen Einsteigers, der hier beispielsweise ein Briefmarkenhandel als Laden- und Onlinegeschäft eröffnen will. Wäre ich an seiner Stelle, stände neben dem Aspekt der Sicherheit (vor Diebstahl/Vandalismus etc.) auch die Rechtssicherheit, um einen ordentlichen Handel zu führen. Erhält man vom APHV die nötige Beratung? Was muss ich tun, um nicht gleich am Anfang ins Fettnäpfchen zu treten? Ich möchte schon gar kein Schwarzhändler sein oder die Beschreibungen unzulänglich gestalten. Im konkreten, oben beschriebenen Fall heißt das ja, dass ich mir auf der Homepage des BPP erst einmal die Mitglieder der Sachverständigengruppe anschaue und wenn ich dann mal ein Attest vom BPP für eine wertvolle Marke besitze, nachprüfe, ob der/diejenige überhaupt noch aktuell für den BPP tätig sind. Ist das nicht der Fall, darf ich diesen Zusatz "BPP geprüft" nicht erwähnen. Ich kann erwähnen, dass ein Attest vorliegt, aber nicht ausführen, wer es verfasst hat. Es ist alles etwas grau.

Dennoch vielen Dank für die guten Tipps.

10Parale
Stephan
 
bovi11 Am: 15.02.2024 22:45:03 Gelesen: 510# 3 @  
@ 10Parale [#2]

„Erhält man vom APHV die nötige Beratung?“

Der APHV kann sicherlich Tips geben, aber keine abschließende Rechtsberatung vornehmen. Andererseits ist die rechtssichere Gestaltung eines eigenen Shops oder von Angeboten bei eBay kein Hexenwerk. Bei Delcampe hingegen ist eine rechtssichere Anzeigengestaltung so gut wie unmöglich.

Bei der Artikelbeschreibung folgt man am besten seinem Bauch und dem, was man selbst als seriöser Käufer lesen möchte. Gemäß §§ 5 und 5a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind dem Verbraucher klar und verständlich die Informationen an die Hand zu geben, die dieser benötigt, um eine informierte Kaufentscheidung zu treffen. Demnach sind schwammige Beschreibungen wie „ohne Obligo“ und natürlich auch die beliebte Abkürzung „o.O.“ unzulässig, denn das ist lediglich eine andere Beschreibung für einen unzulässigen Gewährleistungsausschluss. Gleiches gilt für alle vergleichbaren Formulierungen und auch für die bei eBay nach wie vor auswählbare Option „Echtheit nicht bestimmt“.

Als Verkäufer muss ich wissen, was ich anbiete. Ein Gemüsehändler darf eben auch keine Pilze anbieten und für die Essbarkeit keine Gewähr übernehmen mit der Begründung, er sei kein Fachmann. Und der Sportartikelhändler muss sich die Kenntnisse verschaffen, um beispielsweise Plagiate von Markenschuhen oder sonstigen Markenprodukten zu erkennen.

Bei der Beurteilung von Prüfzeichen schaut man sich sinnvollerweise zunächst die Marke selbst an. Ist diese gefälscht oder verfälscht, ist ein vorhandenes Prüfzeichen nicht zwingend aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls falsch.

Und zur Beruhigung: Liegt man mit seiner Einschätzung einmal daneben, wird es keine Post vom APHV oder BPP geben. Aber: Derartige Fehlgriffe können wettbewerbsrechtlich von jedem Mitbewerber abgemahnt werden, was aber im Bereich Briefmarken ausgesprochen selten ist.

„Im konkreten, oben beschriebenen Fall heißt das ja, dass ich mir auf der Homepage des BPP erst einmal die Mitglieder der Sachverständigengruppe anschaue und wenn ich dann mal ein Attest vom BPP für eine wertvolle Marke besitze, nachprüfe, ob der/diejenige überhaupt noch aktuell für den BPP tätig sind. Ist das nicht der Fall, darf ich diesen Zusatz "BPP geprüft" nicht erwähnen.“

Das ist so nicht richtig.

Wenn eine Briefmarke beispielsweise von einem längst verstorbenen ehemaligen BPP-Mitglied geprüft und signiert wurde, beispielsweise von Hans-Georg Schlegel, kann die Marke ohne weiteres als BPP-geprüft angeboten werden. Gleiches gilt natürlich auch für alte BPP-Atteste oder Befunde.

Markenrechtsverstöße liegen beispielsweise dann vor, wenn Prüfzeichen gefälscht wurden oder Marken mit echten Prüfzeichen z.B. anschließend durch einen Falschstempel verändert wurden. Derartige Manipulationen sind dann an der falschen Stellung des Prüfzeichens zu erkennen. Ebenfalls gegen Kennzeichenrechte des BPP verstößt man, wenn ein altes Zierer-Privatattest als „BPP-Attest“ bewirbt.

Man könnte ohne Probleme jetzt ganze Bücher zum Thema schreiben, was aber nur dazu führen würde, dass das Ganze unübersichtlich wäre.
 
zobbel Am: 15.02.2024 22:50:52 Gelesen: 506# 4 @  
Ich interpretiere den Punkt 1.7. so, daß ein Mitglied des APHV nicht in zum BPP in direkter Konkurrenz stehenden und vom BPP/APHV/BDB/BDPH als nicht zuverlässig erachteten Prüferverbänden (gemeint sich tats. VP und VPEX) Mitglied sein darf.

-- Man kann nicht gleichzeitig bei CDU und Der Linken Mitglied sein. --

Zur Rivalität der Verbände wurde hier im Forum schon ausführlich diskutiert.

[Beiträge [#1] bis [#4] redaktionell verschoben aus dem Thema "Recht: Abmahnung des BPP wegen Verletzung seiner "Marke BPP" durch Händlerin", da sie mit der Abmahnung durch den BPP und der Verletzung des Markenrechts nichts zu tun haben]
 
alex11 Am: 15.02.2024 23:25:51 Gelesen: 479# 5 @  
@ bovi11 [#3]

Gleiches gilt für alle vergleichbaren Formulierungen und auch für die bei eBay nach wie vor auswählbare Option „Echtheit nicht bestimmt“.

Da muß man wohl aber auch einen Realitätscheck machen.

Weil selbst ein erfahrener Händler kann nicht zu 100 % die Echtheit garantieren, solange das betreffende philatelistische Produkt nicht von einem Fachgebietsprüfer entsprechend attestiert wurde.

Aber nur Geprüftes wird halt nicht angeboten, schon deswegen, weil das im billigerem Segment oftmals nicht rentabel wäre.

Grüße Alexander
 
bovi11 Am: 15.02.2024 23:49:01 Gelesen: 468# 6 @  
@ alex11 [#5]

"Weil selbst ein erfahrener Händler kann nicht zu 100 % die Echtheit garantieren, solange das betreffende philatelistische Produkt nicht von einem Fachgebietsprüfer entsprechend attestiert wurde."

Das ist in der Praxis anders.

Da werden die üblichen Verdächtigen (Französische Zone gestempelt, Saarland gestempelt, Berlin-Aufdrucke usw.) angeboten mit "Echtheit nicht bestimmt".

Meist mangelt es an der erforderlichen Sachkenntnis oder Sorgfalt und oft einfach daran, dass nicht einmal Hinweise beachtet werden, die seit Jahrzehnten im Katalog stehen.

Es mag kritische Ausnahmen geben. Diese sind aber meist sowieso recht teuer, so dass eine Prüfung lohnt.

Allerdings hat das Ganze eher wenig mit der nachträglich eingefügten Überschrift zu tun.

Diese erweckt nämlich den Eindruck, als treffe den APHV eine Verpflichtung zur allgemeinen rechtlichen Beratung von Händlern. Das ist natürlich nicht der Fall, denn der Verband ist im Wesentlichen seinen Mitgliedern verpflichtet.

Verstößt ein Mitglied gegen gesetzliche Normen, indem Angebote beispielsweise irreführend gestaltet werden, wird der Händler nach meiner Kenntnis darauf hingewiesen und aufgefordert, das beanstandete Verhalten einzustellen. Ist der Händler uneinsichtig, kann das durchaus auch für Mitglieder eine gerichtliche Durchsetzung zur Folge haben.

[Überschrift auf Wunsch eines Mitlieds geändert am 16.02.2024]
 
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